Städtebaulicher Realisierungswettbewerb
Matthäikirchhof Leipzig
Die Stadt Leipzig beabsichtigt, das zwei Hektar große und heute weitgehend untergenutzte Areal des Matthäikirchhofs programmatisch und städtebaulich weiter zu entwickeln. Das zwischen den kompakten Baustrukturen des Stadtzentrums und den Grünanlagen des Promenadenrings gelegene Gebiet stellt nicht nur einen der bedeutendsten siedlungsgeschichtlichen Bereiche der Stadt dar, sondern ist durch seine ehemalige Nutzung durch die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit und die Ereignisse der Jahre 1989 und 1990 zugleich ein authentischer Ort der Friedlichen Revolution. Daraus leitet sich ein besonderer Anspruch an seine künftige Nutzung ab.
Richtungsweisend für die Entwicklung des Matthäikirchhofs ist dabei die seitens der Stadt Leipzig angestrebte Etablierung des „Forums für Freiheit und Bürgerrechte" auf dem Areal. Die an die besondere historische Bedeutung des Ortes anknüpfende Nutzung soll sich als zentraler Punkt des Gedenkens, der Aufbereitung der DDR-Vergangenheit sowie des gesellschaftlichen Diskurses über Diktaturen, ihre Folgen, über Bürger- und Menschenrechte und über Demokratie manifestieren.
Unter dem Leitgedanken „Ort der gelebten Demokratie“ soll der Matthäikirchhof zu einem lebendigen, gemischten Quartier mit einem Mehrwert für die Innenstadt und die Stadt Leipzig sowie einem Ort mit überregionaler Ausstrahlung transformiert werden. Dabei bietet sich die einmalige Chance, in einer hochattraktiven Innenstadtlage ein Quartier mit öffentlichen Nutzungen, gemeinwohlorientierten, gewerblichen Nutzungen und urbanen Wohnformen zu entwickeln.
Aufbauend auf einen intensiven öffentlichen Bürgerbeteiligungsprozesses sollten mit einem städtebaulichen Wettbewerb in hoher Qualität die planerischen Grundlagen für die weitere Entwicklung des Matthäikirchhofs geschaffen werden. Die in einem „Matthäikirchhof-Code“ zusammengefassten Ergebnisse aus der Beteiligung sind daher in die Aufgabenstellung der Wettbewerbsauslobung eingeflossen. Bei der Durchführung des Wettbewerbs wurden in der zweiten Wettbewerbsphase zudem weitere Beteiligungsmöglichkeiten eröffnet.
Der Wettbewerb wurde als offener, zweiphasiger städtebaulicher Realisierungswettbewerb für Stadtplaner und Architekten, in der zweiten Wettbewerbsphase unter Hinzuziehung von Landschaftsarchitekten, nach der Richtlinie für Planungswettbewerbe RPW 2013 ausgelobt.
In der ersten Bearbeitungsphase war zunächst ein grundsätzliches Konzept für die Bebauung, Nutzung, Erschließung und Freiraumgestaltung des Quartiers gefordert. Aus 66 eingereichten Wettbewerbseinträgen wählte das Preisgericht, dem auch Vertreter:innen aller Stadtratsfraktionen und zwei zivilgesellschaftliche Mitglieder angehörten, im September 2023 neun Arbeiten zur weiteren Ausarbeitung in der zweiten Wettbewerbsphase aus.
Diese neun Entwürfe wurden der Stadtgesellschaft zu Beginn der zweiten Phase in einer als „Hofschau“ titulierten öffentlichen Beteiligungsangebot zur Diskussion gestellt. Bürgerinnen und Bürger erhielten dabei die Möglichkeit, direkt mit den planenden Büros in Kontakt zu treten und deren Entwürfe zu erörtern. In Anknüpfung an den vorangegangenen umfangreichen Beteiligungsprozess wurde dazu die zweite Phase des Wettbewerbs gemäß § 3 Abs. 5 RPW in Abstimmung mit der Architektenkammer Sachsen kooperativ unter Aufhebung der Anonymität durchgeführt. So gelang es, die Bürgerbeteiligung in gleichbleibend hoher Qualität auch im Wettbewerb fortzuführen.
Unter den Eindrücken der „Hofschau“ fand anschließend in der zweiten Bearbeitungsphase eine Vertiefung und finale Bearbeitung der Entwürfe durch die neun Planungsteams statt. Zum Ende der zweiten Wettbewerbsphase trat das Preisgericht dann im Januar 2024 in gleicher Zusammensetzung erneut zusammen und kürte das den Beitrag von RIEHLE KOETH, Stuttgart mit Levin Monsigny, Berlin zum 1. Preis.
Das Büro für urbane Projekte war mit der Konfiguration, Durchführung und Vorprüfung des Wettbewerbs betraut. Der Ablauf und die Ergebnisse des begleitenden Beteiligungsprozesses, der Weg hin zum städtebaulichen Wettbewerb und die Resultate des Verfahrens sind im Ergebnisbericht zum städtebaulichen Wettbewerb und Bürgerbeteiligungsprozess Matthäikirchhof dokumentiert.
1. Preis • RIEHLE KOETH mit Levin Monsigny
2. Preis • FAM Architekten mit Studio Erde
3. Preis • SERO Architekten mit Kollektiv B und Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten
4. Preis • Hinrichsmeyer + Partner Architekten mit Greenbox Landschaftsarchitekten
Auftraggeber:
Stadt Leipzig
Zeitraum:
2022–2024